Freitag, November 19, 2004

Daschner-Prozess

SPIEGEL ONLINE berichtet über den Beginn des Daschner-Prozesses. Das Schweizer Fernsehen (Tagesschau und 10 vor 10) machte daraus heute in seiner bekannt unreflektierten Art die Frage "Recht gegen Moral". Danach wäre es zwar widerrechtlich, mit Folter zu drohen. Moralisch könne es (etwa zur Rettung eines Menschenlebens) aber durchaus vertretbar oder sogar geboten sein.

Dienstag, November 16, 2004

Search Statewatch database

Statewatch hat eine Datenbank ins Netz gestellt, die es ermöglicht, in über 20,000 Einträgen zu suchen.

Bestätigung der Rechtsprechung zur Strafantragsfrist

In einem Entscheid vom 26.08.2004 bestätigt das Bundesgericht seine Rechtsprechung zu Art. 29 StGB, wonach "die Antragsfrist erst zu laufen beginnt, wenn der Verletzte persönlich die Tat und den Täter kennt und nicht schon, wenn sein bevollmächtigter Vertreter diese Kenntnis hat (BGE 80 IV 209 E. 2, 97 I 769 E. 2)."

Vielleicht im dritten Anlauf?

Die Strafkammer des Kantonsgerichts Wallis muss ein drittes Mal über ein Entschädigungsbegehren befinden. Der Vorwurf an das Bundesgericht, ohne
Auseinandersetzung mit der einhelligen Lehre, seiner eigenen Rechtsprechung und der Gesetzessystematik der Walliser StPO, in Verkennung der grundlegenden Unterschiede zwischen einem Schadenersatzbegehren und einer strafrechtlichen Beschwerde ein (Fehl-)Urteil gefällt zu haben, hat auch nicht geholfen. (BGE 1P.319/2004 vom 29.09.2004).

Sonntag, November 14, 2004

Haftrichter Kanton Luzern

Nach einem zur Publikation vorgesehenen Urteil des Bundesgerichts vom 2. November 2004 : wird der Kanton Luzern wohl seine Strafrechtspflege anpassen müssen. Fast schon unglaubliches Zitat aus dem Entscheid: "Unbestrittenermassen hat hier der gleiche Amtsstatthalter die Haft angeordnet, die Untersuchung geführt, die Strafverfügung vom 13. September
2004 erlassen und die Strafsache (nach unterbliebener Annahme der
Strafverfügung durch den Angeschuldigten) anschliessend an das Amtsgericht Luzern-Stadt überwiesen." Der Kanton LU ist übrigens nicht der einzige, der die verfassungsmässigen Anforderungen an die Haftanordnungsverfahren nicht erfüllt. Die Schweiz ein Rechtsstaat?

Verurteilung des Bieler Polizeidirektors aufgehoben

Das Bundesgericht korrigiert das Berner Obergericht, welches Jürg Scherrer wegen Rassendiskriminierung verurteilt hatte. Aus dem Entscheid: "Werden durch eine extensive Auslegung der Normen des Strafrechts zu hohe Anforderungen an kritische Aeusserungen gestellt, besteht die Gefahr, dass auch begründete Kritik nicht mehr vorgebracht wird (Müller, a.a.O., S. 209 f. mit dem Hinweis auf den 'chilling effect' [Abschreckungswirkung] einer zu strengen Beurteilung geäusserter Meinungen)."

BGE zur Meldepflicht nach RTVG

In einem aufwändig begründeten Entscheid vom 6. Oktober 2004 bestätigt der Kassationhof in 5er-Besetzung den Freispruch eines vom BAKOM gebüssten Radio-/TV-Konsumenten, der seiner Meldepflicht nicht "formell richtig" nachgekommen war. Seiner Beschwerde gegen die durchgeführte Hausdurchsuchung war zuvor kein Erfolg beschieden (8G.3/2003). Dieser Entscheid ist leider nicht veröffentlicht, auch nicht im Internet.

Samstag, November 06, 2004

Downloaden ist nun auch Importieren

Nach einem neuen Entscheid des Kassationshofs gilt das Herunterladen harter Pornografie von einem ausländischen Server auch als Importieren. Ein paar Tage zuvor hatten dieselben Richter entschieden, dass der selbe Vorgang als Herstellen zu qualifizieren ist (6S.186/2004). "fel." bringt es für die NZZ auf den Punkt: Im Inland hergestellte Pornografie "importiert"?

Donnerstag, November 04, 2004

Entschädigung von Rechtspraktikanten und jur. Angestellten

Gemäss Kreisschreiben des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 20.09.2004 dürfen Praktikanten und jur. Angestellte zur amtlichen Verteidigung beigezogen werden. Der Staat hat auch ihre Verrichtungen zu entschädigen und zwar zu 50% (Praktikanten) bzw. 50 bis 100% (jur. Angestellte "je nach Leistung") des für amtliche Verteidigungen geltenden Stundenansatzes von derzeit CHF 170.00.

Den im konkreten Fall gewählten Ansatz für jur. Angestellte werden die Gerichte dann wohl begründen müssen. Die Klienten werden dann der Urteilsbegründung wohl entnehmen können, dass "ihr" jur. Angestellter aufgrund seiner Leistung zum Minimaltarif von derzeit CHF 85.00 entschädigt wurde. Vielleicht werden sich die Klienten auch fragen, ob die Urteilsgebühr auch "je nach Leistung" des Gerichtsschreibers bemessen wurde.

Oberstaatsanwalt

Der Solothurner Kantonsrat hat gestern im Hinblick auf das Inkrafttreten der Strafverfolgungsreform am 1. August 2005 Matthias Welter zum Oberstaatsanwalt und Daniel Kiefer zum leitenden Haftrichter gewählt. Herzliche Gratulation! Der neue Oberstaatsanwalt äusserst sich zu seinem neuen "Amt mit grosser Macht" in der heutigen Ausgabe des Solothurner Tagblatts. Er und seine im nächsten Jahr zu wählenden 13 (!) Staatsanwälte werden voraussichtlich über 90% aller Strafverfahren mit Strafverfügung ahnden und mit diesem Instrument Freiheitsstrafen bis sechs Monate verfügen können.

Dienstag, November 02, 2004

Noch ein Zitat aus dem eben genannten Vorschlag

"Verdächtige, manchmal sogar die Strafverfolgungsbehörden, von denen sie verhört werden, verfügen nicht immer über umfassende Kenntnisse der betreffenden Rechte. Wenn Verdächtige bei der Festnahme ordnungsgemäß über ihre Rechte Bescheid wüssten, gäbe es weniger Beschwerden über Justizirrtümer und Verletzungen der EMRK. Eine einfache, kostengünstige Möglichkeit zur Sicherstellung ausreichender Kenntnisse besteht darin, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, eine kurze, standardisierte schriftliche Übersicht über die grundlegenden Rechte die „Erklärung der Rechte“) zu verfassen, die allen Verdächtigen bei erster Gelegenheit, jedenfalls aber vor dem Verhör, in einer Sprache ausgehändigt werden muss, die sie verstehen."