Dienstag, März 29, 2005

Internet-Pornografie als Kunst?

Der Kassationshof hat sich im zur Publikation vorgesehenen Entscheid 6P.122/2004 vom 08.03.2005 erneut mit Internet-Pornografie befasst und u.a. begründet, warum der fraglichen Website kein schutzwürdiger kultureller Wert zugesprochen werden könne. Die ebenfalls gerügte Verletzung des Rückwirkungsverbots hat der Kassationshof mit der Begründung verneint, dass Art. 197 Ziff. 3bis StGB auch die Kinder schütze, die bereits zur Herstellung solcher Produkte missbraucht wurden und dass Besitz nicht voraussetze, dass er in strafbarer Weise erlangt wurde.

Ganz kurz äussert sich der Kassationshof auch zur Verwertbarkeit von Beweismitteln, die gemäss Beschwerdeführer bei einer unzulässigen Hausdurchsuchung sichergestellt worden waren. Die entsprechende Website habe den Verdacht begründet, "dass er eine besondere Vorliebe für aufreizende Darstellungen von Mädchen hegen und pornografische Aufnahmen von Kindern in seinem Besitz oder hergestellt haben könnte."

Missbrauch der Verteidigungsrechte

Im zur Publikation vorgesehenen Entscheid 1P.648/2004 vom 14.03.2005 weist das Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Verteidigungsrechte ab. Die Beschuldigte und ihr Verteidiger hatten wohl zu offensichtlich auf den Eintritt der Verjährung hingewirkt. Der sehr aufwändig begründete Entscheid setzt sich v.a. mit Fragen der wirksamen Verteidigung auseinander, auf die sich die Beschwerdeführerin hier aber nicht berufen konnte.

Montag, März 28, 2005

Ende der Zwangsmassnahmen gegen Journalisten in Belgien?

Ein neues Gesetz schützt nun auch Journalisten in Belgien gegen Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen und Telefonüberwachungen. Die International Federation of Journalists feiert das Gesetz als "Landmark Victory". In der Schweiz wird es kaum zur Kenntnis genommen. Hierzulande engagieren sich Journalisten nach meinem persönlichen Eindruck eher für gute Beziehungen zu den Behörden. Zugegeben, das schützt zwar auch vor Zwangsmassnahmen, aber im Sinn der Pressefreiheit ist es sicher nicht.

Donnerstag, März 24, 2005

Telefonüberwachung bei Anwälten

In seinem Kampf gegen die Überwachung von Telefongesprächen zwischen Anwalt und Klient durch die niederländischen Strafverfolgungsbehörden hat der Verband der Strafverteidiger NVSA eine Schlacht verloren. Ein Haager Verwaltungsgericht hat seine Klage abgewiesen. Der Verband wird den Entscheid anfechten und zivilrechtliche Schritte einleiten.

Der anzufechtende Entscheid steht nur in der Landessprache zur Verfügung.

s. dazu auch EGMR App. No. 16269/02, Aalmoes c. Niederlande.

Dienstag, März 22, 2005

Maulkorb für Margrit Kessler?

Die Präsidentin der Schweizerischen Patientenorganisation SPO ist laut tagesanzeiger.ch zu 10 Monaten Gefängnis bedingt verurteilt worden wegen mehrfacher übler Nachrede, falscher Anschuldigung und falschem Zeugnis. Ganz nebenbei hat sie die Gerichtskosten von CHF 27,000.00, Schadenersatz und Genugtuung von CHF 70,000.00 sowie die Anwaltskosten des Geschädigten von CHF 90,000.00 (!) zu bezahlen.

Trau keinem dealenden Richter!

Der Kassationshof des Bundesgerichts hat in einem Urteil vom 16.02.2005 (6S.300/2004) ein auf einem "Deal" zwischen Verteidigung und Richter basiertes Strafmass als zu mild kassiert. Interessant ist dabei, dass die Initiative offenbar vom Referenten des Kantonsgerichts des Kantons SG ausgegangen war. Der Kassationshof mag durchaus richtig entschieden haben, hintelässt aber vor allem für den Beschuldigten, seine Verteidigung und hoffentlich auch für den dealenden Richter zahlreiche Fragen und einen reichlich bitteren Nachgeschmack.

Camenisch und die Zusatzstrafe

Gemäss NZZ Online bringt auch das begründete Urteil im Fall Camenisch keine Klärung bezüglich Strafmass. Für einmal begrüssen alle den Weiterzug ans Bundesgericht, das die Frage dann hoffentlich nicht offen lässt.

Dienstag, März 15, 2005

Geschäftsbericht 2004 des Bundesstrafgerichts

Auf der Website des Bundesstrafgerichts findet sich der Geschäftsbericht 2004, der zwar viele Informationen enthält, die man aber vor allem zwischen den Zeilen findet (oder zu finden glaubt?).

Der Statistikteil ist unvollständig und wenig aussagekräftig, enthält aber auch kaum zu Glaubendes, v.a. im Teil Eidg. Untersuchungsrichteramt.

Der Statistik ist zu entnehmen, dass bei der Beschwerdekammer 44 Haftverlängerungsgesuche eingingen, von denen keines abgewiesen wurde.

Telefonkontrollen nach BÜPF wurden der Beschwerdekammer 164 zur Genehmigung vorgelegt. Aus der Tatsache, dass die Statistik keine Angaben über die Zahl der erfolgten Genehmigungen enthält, ist zu schliessen, dass alle 164 genehmigt wurden.

Nochmals zum Allgemeinen Teil des StGB

Die Pressemitteilung vom 04.03.2005 ist online (s. auch den
letzten Beitrag zum Thema).

Freitag, März 04, 2005

DNA-Profile

NZZ Online berichtet über erfolgreiche aber auch umstrittene Ermittlungsmethoden.

Nationaler Polizeiindex

Der Bundesrat will die rechtlichen Grundlagen für alle polizeilichen Datenbanken in einem neuen Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme zusammenfassen (s. NZZ online).

Doch noch kein AT StGB

Gemäss NZZ online wird das EJPD dem Bundesrat eine neue Revisionsbotschaft zum AT StGB unterbreiten. Die Verwaltung beschliesst, die vom Gesetzgeber verabschiedete Revision vor ihrem Inkrafttreten zu revidieren.

Dass die beschlossene Revision eine gesetzgeberische Fehlleistung ist, dürfte weitgehend unbestritten sein. Aufhorchen lassen müsste hier aber, dass die Strafverfolgungsbehörden, die offenbar den Anstoss zur Revision der Revision gegeben haben, über die Macht verfügen, Entscheidungen des Gesetzgebers umzustossen.

Hausdurchsuchung durch Swissmedic

Das Bundesstrafgericht weigert sich erneut, auf eine Beschwerde gegen eine Hausdurchsuchung eintzutreten. (BK_B 111/04 vom 05.01.2005). Aus der (wenig überzeugenden, aber alt bekannten) Begründung:

'Anders verhält es sich mit der Beschwerde gegen die Durchsuchung. Diese Zwangsmassnahme ist längst durchgeführt und abgeschlossen. Soweit die
Beschwerdeführerin die „Aufhebung des Durchsuchungsbefehls“ verlangt, ist deshalb schon mangels eines anfechtbaren Gegenstands auf die Beschwerde nicht einzutreten (HAURI, Verwaltungsstrafrecht, Motive – Doktrin - Rechtsprechung, Bern 1998, Art. 28 Ziff. 1; Entscheid des Bundesstrafgerichts BK_B 075/04 vom 8. November 2004). Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Überprüfung der gerügten Rechtsverletzung ohne aktuelles praktisches Interesse im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 118 IV 67, 69 E. 1 d) sind hier ebenfalls nicht erfüllt. Zwar ist die rechtzeitige gerichtliche Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich, indessen fehlt es hier an der grundsätzlichen Bedeutung und am entsprechenden hinreichenden öffentlichen Interesse' (E. 1.3).

Mittwoch, März 02, 2005

Todesstrafe verfassungswidrig

Der U.S. Supreme Court erkennt auf Verfassungswidrigkeit der Todesstrafe für jugendliche Täter. Den Entscheid finden Sie bei FindLaw.

Dienstag, März 01, 2005

Wohnungsdurchsuchung und Beschlagnahme eines Mobilfelefons verfassungswidrig

Mit Beschluss vom 4. Februar 2005 (2 BvR 308/04) hat das Bundesverfassungsgericht erneut eine Verfassungsbeschwerde gegen Zwangsmassnahmen gutgeheissen. Die Wohnungsdurchsuchung erfolgte ohne richterliche Anordnung und bezüglich der Rechtmässigkeit der Beschlagnahme des Mobiltelefons hätte aufgrund der Schwere des Eingriffs eine nachträgliche Kontrolle stattfinden müssen.