Sonntag, Oktober 31, 2004

Anwalt (vor) der ersten Stunde in der EU

Gemäss Vorschlag der Kommission für einen Rahmenbeschluss des Rates über bestimmte Verfahrensrechte in Strafverfahren innerhalb der Europäischen Union hat jede verdächtige Person Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Aus Begründungserwägung 55: "Es ist wichtig, dass ein Verdächtiger bereits über Rechtsbeistand verfügt, bevor er Fragen beantwortet und etwas sagt, ohne die rechtlichen Konsequenzen zu kennen und dies später bereut."

Freitag, Oktober 29, 2004

Abkommen Schweiz / EG ueber Betrugsbekaempfung

Die Kommission hat einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates vorgelegt, der die Amts- und Rechtshilfe zwischen den Verwaltungs- und Justizbehoerden zwischen der EG und der Schweiz betrifft. Der Anwendungsbereich beschränkt sich auf indirekte Steuern, Subventionen und das öffentliche Beschaffungswesen. In diesen Bereichen werden Zwangsmassnahmen auch in der Amtshilfe möglich sein.

Donnerstag, Oktober 28, 2004

Keine Beschwerde gegen Hausdurchsuchungen

Auch das Bundesstrafgericht ist der Meinung, eine Hausdurchsuchung sei einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich (Entscheid vom 12.10.2004) . Dabei beruft sich die Beschwerdekammer ausgerechnet auf BGE 118 IV 67. Dieser Entscheid wurde dem EGMR vorgelegt, der einstimmig eine Verletzung von Art. 13 EMRK festgestellt hat (EGMR, Camenzind c. Schweiz).

Dienstag, Oktober 26, 2004

Verjaehrungseintritt zwischen Urteilsfällung und Urteilseröffnung?

Aus einem zur Publikation vorgesehen Entscheid des Kassationshofs vom 20.09.2004: "Die Beurteilung, ob eine Straftat verjaehrt ist, kann der Richter nur bezogen auf den Zeitpunkt, in dem er seinen Entscheid trifft, vornehmen. Denn bei schriftlicher Eroeffnung weiss er zum Voraus nicht genau, wann dem Angeschuldigten das Urteil zugestellt wird. Dementsprechend koennte er unter Umstaenden gar nicht beurteilen, ob bei der schriftlichen Eroeffnung die Verjaehrung einer Straftat eingetreten waere, wenn auf diesen Zeitpunkt abgestellt werden muesste. Aus diesem Grund stellt die juengste Rechtsprechung auch bei der sog. retrospektiven Konkurrenz darauf ab, ob die nachtraeglich zu beurteilenden Taten begangen wurden, bevor das Urteil gefaellt und nicht bevor es eroeffnet wurde."

Samstag, Oktober 23, 2004

Ueberwachungsstatistik

Auf der Website des DBA UVEK .findet sich eine (wenig aussagekräftige) Statistik über die aktiven und rückwirkenden Ueberwachungsmassnahmen. Die rückwirkende Teilnehmeridentifikation hat sich seit 1998 verdoppelt, während sich die aktiven Ueberwachungen bei knapp 3,000 pro Jahr einzupendeln scheinen.

Donnerstag, Oktober 21, 2004

Das Image der Kantonspolizei Solothurn ...

... ist gut. Dies hat die Tochter des Polizeikommandanten laut szonline.ch in ihrer Lizenziatsarbeit an der Uni Bern herausgefunden. Dabei wurde sie u.a. von ihrem Vater begleitet. Die als wissenschaftlich bezeichnete Studie habe nur CHF 4,000.00 gekostet. Gemäss Jäggi (dem Vater) hätte die gleiche Studie bei einem Marketinginstitut CHF 40,000.00 bis 50,000.00 gekostet und wäre zum gleichen Ergebnis gelangt.

Mit dieser Logik hätte keine Studie gar nichts gekostet und wäre auch zum gleichen Ergebnis gekommen. Vor allem aber hätte keine Studie die Kantonspolizei (und die Uni Bern) nicht der Lächerlichkeit preisgegeben.

Pornografie-Entscheid im Internet

Seit heute ist der bereits erwähnte BGE im Internet publiziert. Aus dem Entscheid: "Die auf gewisse Dauer ausgerichtete, gezielt vorgenommene elektronische Speicherung eines Werkes auf die Festplatte eines Personalcomputers, eine Diskette, eine CD-ROM, DVD oder auf andere Datenträger ist daher eine Herstellungshandlung, genau so wie etwa das Einscannen und Abspeichern von Bildern."

Mittwoch, Oktober 20, 2004

Das Herunterladen von Pornobildern ist strafbar

Das Bundesgericht korrigiert gemäss NZZ online vom 20.10.2004 ein Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn. Nach dem neuen Bundesgerichtsentscheid soll das Herunterladen und Abspeichern von Dateien als "Herstellen" im Sinne des (alten) Pornografiestrafrechts gelten. Der Fall ist Teil der Aktion GENESIS, die nun im Kanton Solothurn zu zahlreichen Verurteilungen führen könnte. In den meisten übrigen Kantonen war das Herunterladen nicht als Herstellen qualifiziert worden. Die entsprechenden Freispürche sind dort rechtskräftig.

Kobik Rechenschaftsbericht online

Auf der Website der Cybercrime-Koordinationsstelle Kobik stehen der Rechenschaftsbericht 2003 und einige Statistiken zum Download bereit. Aus den Unterlagen ist ersichtlich, dass die Mitarbeiter der Koordinationsstelle Chatrooms und p2p-Netze (und damit die Festplatten der Benützer) überwachen.

Sonntag, Oktober 10, 2004

Registrierung von Prepaid-Karten verfehlt das Ziel

Was jeder wissen konnte oder eigentlich hätte wissen müssen, wird nun auch öffentlich zugegeben. Gemäss der heutigen Sonntagspresse kann das Ziel der Strafverfolger mit der Registrierungspflicht nicht erreicht werden. Die Artikel enthalten interessante Angaben über die Zahl der jährlichen Abhöraktionen (3.000 im Jahr 2003) und die Kosten (ca. 3.8 Mio pro Jahr im Kanton Zürich). Ob diese Zahlen stimmen und was sie genau bedeuten bleibt aber nach wie vor unveröffentlicht.

Samstag, Oktober 09, 2004

Ein weiteres "Radarfoto"-Urteil des Bundesgerichts

In einem weiteren Entscheid des Bundesgerichts vom 15.09.2004 (1P.277/2004) wird die Verurteilung eines Fahrzeughalters bestätigt, obwohl er auf den Radarfotos nicht zu erkennen war. Dem Halter wurde zum Verhängnis, dass er nicht von Anfang an entschieden bestritten hatte, das geblitzte Fahrzeug geführt zu haben, sondern zuerst die Fotos konsultieren wollte.

Freitag, Oktober 08, 2004

IFPI droht mit 459 Klagen in Europa

Die Prozesswelle gegen Benutzer von Musiktauschbörsen soll nun auch ueber Europa schwappen. Die veröffentlichten Zahlen sind ebenso eindrucksvoll wie unbelegt. Laut NZZ Online vom 8. 10. 2004 soll die Schweiz vorerst verschont bleiben. Dass die Branche noch zur Vernunft kommt, bevor die Gerichte in der Schweiz mit Zivilklagen und Strafanzeigen eingedeckt werden, dürfte aber zweifelhaft sein.

Samstag, Oktober 02, 2004

Amtsgeheimnisverletzung im Kanton Solothurn?

Gemäss einem heute erschienen Artikel der Solothurner Zeitung ermittelt das Untersuchungsrichteramt des Kantons Solothurn strafbare Handlungen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts Henzi in besagter Zeitung. Wird das Leck gefunden, wird Henzi eine neue - diesmal erst recht nicht verjährte - Staatshaftungsklage einleiten können. Es lebe die Unabhängikeit des Untersuchungsrichteramts.

Geleastes Auto als Tatwerkzeug eingezogen

Das Bezirksgericht Zürich hat laut NZZ Online vom 2.10.2004 die Einziehung eines BMW als Tatwerkzeug verfügt. Der Täter ist wiederum gemäss NZZ ein junger vorbestrafter "Schweizer serbischer Abstammung" und wird das Urteil weiterziehen. Dies ist ihm zwar nicht zu verargen, wird aber mit einiger Sicherheit ein höchstrichterliches Raser-Praejudiz schaffen, dass dann möglicherweise auch für Schweizer schweizerischer Abstammung Geltung beansprucht.

Als naechste Stufe auf dem Weg zu einer raserfreien Schweiz wird dann wohl die Strafbarkeit der Autohaendler zu prüfen sein, die solche Straftaten überhaupt erst ermöglichen und ohne jeden Zweifel auch in Kauf nehmen. Wenn wir schon dabei sind: wo hat der Raser eigentlich getankt? wer hat die Strasse gebaut?

Nein, so weit wird es dann wohl doch nicht gehen. Autos sind schliesslich nicht mit Hanf zu vergleichen und Autohaendler nicht mit schweizerischen Hanfbauern schweizerischer Abstammung.