Montag, Mai 30, 2005

Strafverfahren gegen 10 Polizeibeamte?

Das Bundesgericht hebt mit Urteil vom 11. Mai 2005 (1P.720/2004) einen Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen auf, kein Strafverfahren gegen 10 Polizeibeamte zu eröffnen.

Der Beschwerdeführer hatte Strafanzeige wegen Tätlichkeiten, Freiheitsberaubung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und Tierquälerei erstattet. Anlass zu dieser Anzeige war eine Polizeiaktion, in welcher der Beschwerdeführer - seinerseits wegen Drohung angezeigt - verhaftet und sein Haus auf Waffen durchsucht wurde. Dabei soll vorab sein Hund betäubt worden sein.

Ob der Entscheid des Bundesgerichts zu einer Eröffnung des Strafverfahrens gegen die Polizeibeamten führen wird, bleibt offen. Die Beschwerde wurde gutgeheissen, weil der Beschwerdeführer im Verfahren vor der Anklagekammer in seinem rechtlichen Gehör verletzt wurde. Die übrigen Rügen des Beschwerdeführers hat das Bundesgericht nicht mehr prüfen müssen.

Sonntag, Mai 29, 2005

Europäischer Haftbefehl

Auf der Website Wessing II - Verjans Rechtsanwälte findet sich eine Rechtsprechungsübersicht zum EU-Haftbefehl.

Freitag, Mai 20, 2005

Rechtswidrig erlangte Beweismittel verwertbar

In einem zur Publikation in der amtlichen Sammlung vorgesehenen Entscheid vom 3. Mai 2005 (1P.570/2004) hält das Bundesgericht an seiner Rechtsprechung fest, wonach rechtswidrig erlangte Beweismittel lediglich dem Grundsatz nach unverwertbar sind. Die vorzunehmende Interessenabwägung erfolgt nach nach der neuern Formel des Bundesgerichts, wonach das öffentliche Interesse an der Verwertbarkeit umso eher überwiegt, je schwerer die Straftat ist.

Derselben Logik folgt letztlich die neu lancierte Diskussion um eine Lockerung des Folterverbots.

Mittwoch, Mai 18, 2005

SIS II - Big Brother aus Schengen

Statewatch analysiert die zweite Generation des Schengener Informationssystems SIS, welches im Jahr 2007 aufgeschaltet werden soll: Construction of EU’s Big Brother database underway. Im Einzelnen erklärt wird das Projekt hier.

Sonntag, Mai 15, 2005

Entsiegelungsgesuch der Bundesanwaltschaft abgewiesen

Mit Entscheid vom 22.04.2005 hat die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts ein Entsiegelungsgesuch der Bundesanwaltschaft mangels hinreichend konkreten Tatverdachts abgewiesen.

Freitag, Mai 13, 2005

Öcalan

Der EGMR hat verschiedene Verletzungen der EMRK im Verfahren gegen den Kurdenführer Öcalan festgestellt. Der Entscheid vom 12.05.2005 ist online als Microsoft Word-Datei abrufbar.

Dienstag, Mai 10, 2005

Bandenmässigkeit

Mit Urteil vom 24. März 2005 (6P.104/2004) hat der Kassationshof des Bundesgerichts eine Nichtigkeitsbeschwerde im Verfahren nach Art. 277 BStP teilweise gutgeheissen. Die Begründung des Obergerichts des Kantons Luzern zur Bandenmässigkeit erwies sich als ungenügend. Diese definiert der Kassationshof wie folgt:

"Nach der Rechtsprechung ist Bandenmässigkeit gegeben, wenn zwei oder mehrere Täter sich mit dem ausdrücklich oder konkludent geäusserten Willen zusammenfinden, inskünftig zur Verübung mehrerer selbständiger, im Einzelnen möglicherweise noch unbestimmter Straftaten zusammenzuwirken. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob zwei oder mehr Täter vorhanden sind; entscheidend ist einzig der ausdrücklich oder konkludent manifestierte Wille, im oben erwähnten Sinn zusammenzuwirken."

Montag, Mai 09, 2005

Bundesanwaltschaft gerügt

Im Entscheid BB.2005.4 vom 27. April 2005 beanstandet die Beschwerdekammer des Bundesstrafgericht das Verhalten der Bundesanwaltschaft im Verfahren gegen angebliche Financiers von Al-Qaida. Erfolgreich gerügt wurden die Verletzung der Informationspflichten sowie die Verletzung des Beschleunigungsgebots.

Das Urteil steht im krassen Widerspruch zu den vollmundigen und teilweise offensichtlich falschen Ankündigungen in der Pressemitteilung der Bundesanwaltschaft vom 24. Juni 2004 unter dem Titel "Die Bundesanwaltschaft schliesst die mit der Bundeskriminalpolizei geführten Terrorermittlungen ab und zieht vorläufige Bilanz."

Verfahren gegen Peter Friedrich

Heute, 14.00 Uhr, hat die Hauptverhandlung gegen den ehemaligen Schweizer Botschafter in Luxempurg begonnen. Ihm wird laut den im Internet veröffentlichten Verhandlungsterminen mehrfache Geldwäscherei zur Last gelegt; er habe sich dabei gefälschter Dokumente bedient, um die legale Herkunft der Gelder zu belegen, welche angeblich aus Drogengeschäften einer im Ausland tätigen kriminellen Organisation herrührten. Dem Angeklagten wird ferner Veruntreuung, evt. Betrug, hinsichtlich ihm von diversen Anlegern anvertrauter Gelder vorgeworfen und er habe seine finanzielle Situation durch Schenkungen an Dritte zum Nachteil seiner Gläubiger verschlechtert.

Mittwoch, Mai 04, 2005

Strafverfolgung vor dem Zusammenbruch?

Laut espace.ch könnte man glauben, die Strafverfolgungsbehörden (espace.ch nennt sie Justizbehörden) der Schweiz stünden kurz vor dem Kollaps. Immer mehr Straftatbestände, das Opfehilfegesetz und immer mehr Strafanzeigen rufen angeblich nach immer mehr Polizei. Wenn dies stimmen würde, müssten sich die Strafverteidiger die Hände reiben; müssten, denn in der Praxis (und je nach Quelle und Interessenbindung auch in der Statistik) ist davon glücklicherweise nicht allzu viel zu spüren, jedenfalls wenn man die immer rigoroser verfolgte Bagatellkriminalität und die Strassenverkehrsdelikte weglässt.