Donnerstag, Juni 30, 2005

Aufsicht ueber die Bundesanwaltschaft

Das Bundesamt für Justiz hat zur Vorlage "Aufsicht über die Bundesanwaltschaft" eine neue Themenseite aufgeschaltet.

Aus aktuellem Anlass verweise ich auf einen Artikel von Daniel Ammann, der in der heutigen Ausgabe der Weltwoche unter dem Titel Die Fallensteller vom Dienst erschienen ist.

Allgemeiner Teil des Strafgesetzbuches nachgebessert

Die neuen, "nachgebesserten" Bestimmungen samt Botschaft sind online. Danach soll allen Ernstes die Verwahrung nachträglich angeordnet werden, wozu das Revisionsverfahren dienen soll. Solche Ungeheuerlichkeiten kommen heraus, wenn die Exekutive die Beschlüsse des Gesetzgebers nicht akzeptiert und Nachbesserungen durchsetzt. Das letzte Wort wird allerdings wiederum das Parlament haben, das nun hoffentlich seinerseits nachbessern wird (vgl. dazu den Beitrag vom 04.03.2005).

Mittwoch, Juni 29, 2005

Strafbarkeit von Hyperlinks

Gemäss heise online ist der deutsche Mediendesigner Alvar Freude vom Vorwurf der Beilhilfe zur Volksverhetzung freigesprochen worden.

NGO-Server in Italien behördlich überwacht

Die italienische "Polizia Postale" hat auf Anordnung der "Procura di Bolgna" einen bei einem Provider gehosteten Server von Autistici/Inventati über ein Jahr lang überwacht, ohne die Betroffenen zu orientieren. Betroffen waren die Betreiber von websites, mailboxes, mailing lists, etc., welche die Dienstleistungen von Austistici beanützten (s. CRACKDOWN, violato autistici.org).

Sonntag, Juni 26, 2005

Jugendschutz im Internet

Das Bundsgericht bestätigt einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich (BGE 6S.26/2005 vom 3. Juni 2005). Dieses hatte einen Mann wegen Pornographie (Art. 197 Ziff. 1 StGB) gebüsst, der ein Bild seines erigierten Glieds ins Internet gestellt hatte.

Der Beschwerdeführer hat sich u.a. auf das Diskriminierungsverbot berufen mit dem Argument, dass die Strafverfolgungsbehörden nur bei pornografischen Darstellungen von homosexuellen Personen ermittelten, dagegen nicht oder nicht mit der gleichen Intensität gegen heterosexuelle Pornografie vorgingen. Darauf trat das Bundesgericht wegen unzureichender Begründung nicht ein.

Massgebend für die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde war der ungenügende Jugendschutz auf der fraglichen Website. Diese erneut bestätigte Rechtsprechung müsste eigentlich eine Lawine von Strafverfahren auslösen, zumal es sich bei Art. 197 Ziff. 1 StGB um ein Offizialdelikt handelt und die Strafverfolgungsbehörden gerne und oft zu surfen scheinen.

Samstag, Juni 25, 2005

Pressefreiheit c. Wahrheitsfindung

Im Fall Voser/Universitätsspital Zürich verlangt die Staatsanwaltschaft von der "NZZ am Sonntag" die Preisgabe ihrer Quellen. Die "NZZ am Sonntag" verweigert die entsprechende Auskunft unter Berufung auf die Pressefreiheit. Laut NZZ vom 25./26. Juni 2005 wird das Obergericht des Kantons Zürich entscheiden müssen, ob diese Weigerung bzw. die Aufforderung der Staatsanwaltschaft rechtens ist.

Obwohl m.E. höchst unwahrscheinlich (die Staatsanwaltschaft kann ja die wenigen in Frage kommenden Quellen selber befragen), wäre ein Entscheid im Sinne der Staatsanwaltschaft und damit gegen die Pressefreiheit hoch interessant, insbesondere dann, wenn sich die "NZZ am Sonntag" trotzem weigern würde, die Namen der Quellen zu nennen.

Adamov bleibt in Auslieferungshaft

Gemäss swissinfo hat das Bundesgericht der Beschwerde des Bundesamts für Justiz gegen das Urteil des Bundesstrafgerichts vom 9. Juni 2005 (s. Beitrag vom 11. Juni 2005) die aufschiebende Wirkung erteilt. Damit bleibt Adamov in Auslieferungshaft. Inzwischen ist ein Auslieferungsgesuch der USA in Bern eingetroffen.

Der Zwischenentscheid des Bundesgerichts bestätigt die Kritiker, nach denen die Beschuldigten in Rechtshilfeverfahren in der Schweiz noch immer als reine Objekte der Rechtspflege behandelt werden.

Mittwoch, Juni 15, 2005

Waffengleichheit

Das Bundesgericht hebt einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau auf, das einer Beschuldigten die amtliche Verteidigung verweigert hatte.
"Können sich die Geschädigten zum Schuldpunkt äussern - was hier ausser Frage steht, da die Anschuldigungen gegen die Beschwerdeführerin weitgehend auf den Aussagen ihrer Kinder beruhen - ist das Prinzip der Waffengleichheit bereits verletzt, wenn den Geschädigten ein amtlicher Anwalt beigegeben und der Beschwerdeführerin ein solcher verweigert wird. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, das verfassungs- und konventionsrechtliche Prinzip der Waffengleichheit sei verletzt, weil den Geschädigten ein amtlicher Rechtsvertreter beigegeben und ihr ein solcher verweigert worden sei, ist damit zutreffend, die Rüge ist begründet (BGE 1P.154/2005 vom 30. Mai 2005).

Samstag, Juni 11, 2005

Auslieferungshaftbefehl gegen Adamov aufgehoben

Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgericht hat den Auslieferungshaftbefehl gegen den ehemaligen russischen Atomminister Adamov aufgehoben (BH.2005.12 vom 9. Juni 2005).

Die Beschwerdekammer hatte sich zunächst mit einem Wiederherstellungsantrag des Bundesamts für Justiz auseinanderzusetzen. Das Bundesamt hatte die Frist zur Beschwerdeantwort verpasst und begründete die Säumnis mit der geistigen Abwesenheit der für den Versand der Rechtsschrift verantwortlichen Mitarbieterin, was die Beschwerdekammer natürlich nicht als Grund für eine Wiederherstellung der Frist gelten lassen konnte. Die verspätete Eingabe des Bundesamts wurde unter analoger Anwendung von Bundesverwaltungsrecht (Art. 32 Abs. 2 VwVG) dennoch berücksichtigt.

In der Sache stellte die Beschwerdekammer fest, die Verhaftung verletze die staatsvertragliche Garantie des freien Geleits gemäss Art. 12 EUeR.

Dienstag, Juni 07, 2005

Merkwürdiges aus dem Bundesgericht

Der Kassationshof hebt auf Nichtigkeitsbeschwerde des Beschuldigten hin einen so offensichtlich falschen Entscheid auf, dass sogar die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft auf Gutheissung der Beschwerde schlossen (BGE 6S.49/2005 vom 21. Mai 2005).

Zwischen dem erst- und dem zweitinstanzlichen Urteil verstrichen übrigens gut viereinhalb Jahre, wobei aus dem BGE nicht hervorgeht, was der Grund für die derart lange Verfahrensdauer war.

Kein ehrverletzendes Plädoyer

Mit Urteil vom 2. Mai 2005 (6P.174/2004) hebt der Kassationshof ein Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau auf, mit dem ein Anwalt wegen ehrverletzender Äusserungen verurteilt worden war. Das Bundesgericht buchte die fraglichen Äusserungen unter der rhetorischen Freiheit ab, die "den Anwälten mit Rücksicht auf ihre berufsrechtliche Verpflichtung zur einseitigen Interessenwahrung ihrer Auftraggeber zuzubilligen" ist. Anwälte seien zur Parteilichkeit, nicht zur
Objektivität berufen.

Im ersten Anlauf lag das Obergericht übrigens noch richtig. Es korrigierte dann aber seinen ursprünglich richtigen Entscheid und muss nun zum dritten Mal über die Bücher: "Anzumerken bleibt, dass das erste Urteil des Obergerichts vom 18. Dezember 2003 dadurch nicht wieder auflebt. Die Vorinstanz hat vielmehr ein neues Urteil zu fällen."

Montag, Juni 06, 2005

3.5 Jahre Zuchthaus für Peter Friederich

Laut NZZ Online hat das Bundesstrafgericht den Ex-Botschafter wegen qualifizierten Geldwäscherei, wiederholter Veruntreuung, Gläubigerschädigung und Urkundenfälschung verurteilt. Ein Freispruch erfolgte vom Vorwurf der Zugehörigkeit oder der Unterstützung einer kriminellen Organisation.

Das Strafmass wurde mündlich begründet mit der grossen Zahl der Taten. Zudem habe Friederich, dessen Anwalt im Hauptantrag auf Freispruch plädierte, im Verlauf des ganzen Strafverfahrens keine Reue gezeigt. Daraus könnte man schliessen, Friederich sei auch für seine Verteidigungsstrategie bestraft worden.

Freitag, Juni 03, 2005

Zweifel an der Seriosität der Bundesanwaltschaft

Dick Marty übt im Tagesanzeiger heftige Kritik an der Bundesanwaltschaft, welche das Verfahren gegen Youssef Nada wider allen Ankündigungen einstellen musste (s. dazu auch den hier geposteten Beitrag).

Mittwoch, Juni 01, 2005

SIS II - konretisiert

Die EU Kommission stellt drei Vorschläge zu Rechtsakten vor und macht sie online zugänglich.

Wer sich die teilweise nur in englischer Sprache vorgelegten Dokumente nicht zumuten will, kann die entsprechende Mitteilung der Kommission zu Gemüte führen oder einfach mal bei NZZ online vorbeischauen. Beides ist aber nicht wirklich erhellend.